Bundesfamilienministerin Lisa Paus besucht Jugendhilfe

Projekte der Familien- und Elternbegleitung in Spandau im Fokus

fünf Personen nebeneinander
(von links): Jugendhilfe-Geschäftsführer Andreas Lorch, Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Spandaus Bezirksstadtrat Oliver Gellert, Stiftsvorsteherin Anne Hanhörster und Vorstand Christoph Dürdoth. Foto: Barbara Seybold

Neben den Unterstützungsbedarfen von Familien in prekären Lebenssituationen thematisierten Jugendhilfe-Geschäftsführer Andreas Lorch und seine Mitarbeitenden sowie Vertreter*innen des Spandauer Jugendamts gemeinsam mit der Bundesfamilienministerin bei ihrem Treffen auch Probleme wie den Fachkräftemangel in sozialen Berufen und dessen mögliche Gründe sowie fehlende Kitaplätze.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) stattete der Johannesstift Diakonie Jugendhilfe am Mittwoch, 4. Januar 2023, einen Besuch ab. Eingeladen worden war sie von Oliver Gellert, dem Spandauer Bezirksstadtrat für Jugend und Gesundheit.

Ihr erster Besuch im Johannesstift sei das aber nicht, sagte sie gleich zu Beginn. Aus ihrer früheren politischen Tätigkeit kenne sie das Gelände und die Aktivitäten gut. Sehr neugierig zeigte sie sich trotzdem.

254 Familien im Jahr 2022 begleitet

Im Zentrum standen die Jugendhilfe-Projekte Familienbegleitung und Elternbegleitung an Grundschulen in Spandau. Leiterin Claudia Dorn-Jarchow stellte die Arbeit des elfköpfigen Teams vor: Es gehe darum, Bildung junger Menschen zu fördern und dafür die Probleme und Herausforderungen von Familien zu erkennen, die Bildung erschweren. Kommunikation mit Behörden und Institutionen aber auch das Durchhalten von komplexen Prozessen wie beispielsweise dem Finden eines Logopädieplatzes seien gängige Themen. Die individuellen Belastungsfaktoren der Familie seien dabei vielfältig: Sprachbarrieren aufgrund der Migrationsgeschichte oder anderen Verständnisschwierigkeiten, Armut, Trennung der Eltern, beengte Wohnverhältnisse. Dorn-Jarchow: „Das besondere ist bei uns dabei die reale Begleitung der Familien zur Behörde, Schule, Beratungsstelle oder Kita. Wir sagen nicht nur, wo die Hilfe zu finden ist, sondern gehen auch mit.“ So könnten Hemmschwellen besser überwunden werden. „Wir unterstützen die Eltern so lange, bis sie mehr Kapazitäten haben, sich um die Bildung ihrer Kinder zu kümmern.“ Im Jahr 2022 hat das Team 254 Familien mit mindestens 625 Kindern erreicht und war an 21 von 37 Spandauer Grundschulen aktiv.

Sprach- und kulturelle Kenntnisse der Familien als Schlüssel

Wichtig sei in der Arbeit, neben der Vernetzung mit allen wichtigen sozialen Akteur*innen in Spandau, dass das Team insgesamt viele Sprachen und kulturelle Hintergründe anbieten kann. So können Sozialassistent*innen und Sozialpädagog*innen Familien mit ähnlicher Herkunft auf Augenhöhe beraten. „Sie wissen, wovon sie sprechen, wenn es um kulturelle Unterschiede geht. Hier erreichen sich die Herzen“, erklärt Claudia Dorn-Jarchow. Sozialassistent Mudar Alhasan, ein aus Syrien stammender Jurist, der im Projekt arabische Familien betreut, erzählt, wie er auch aufgrund des ähnlichen kulturellen Hintergrunds eine Familie dabei unterstützen konnte, für die Tochter einen Logopädieplatz und eine Einzelfallhilfe zu finden. Andere Sternstunden seien, wie Claudia Dorn-Jarchow berichtet, wenn Kitaplätze erfolgreich vermittelt werden können oder Lehrer*innen rückmelden, dass der Kontakt zu den Eltern jetzt da sei, intensiv genutzt werden könne, und alle zusammen an der Bildung des Kindes arbeiten.

Strukturelle Herausforderungen für gute Jugendarbeit

Auch von Stolpersteinen berichtete Dorn-Jarchow – zum Beispiel der Unsicherheit, ob Förderungen langfristig fortgeführt würden, was gerade bei Neueinstellungen extrem ungünstig sei. Auch strukturelle Probleme, die die Arbeit des Teams und der Jugendhilfe insgesamt erschweren, wurden im Gespräch mit Lisa Paus thematisiert: beispielsweise der Kitaplatzmangel – aktuell gebe es, so die Auskunft des Spandauer Jugendamtes, immer etwa 500 unversorgte Kinder auf der Liste, weitere unbekannte Fälle müsse man dazurechnen. Auch Herausforderungen der Ausbildungssituation wurden angesprochen, zum Beispiel dass Heilerziehungspfleger*innen für ihre Ausbildung trotz Fachkräftemangels immer noch selbst bezahlen müssten und dass für die Erzieher*innenausbildung Abitur notwendig ist. Andreas Lorch: „Damit schließt man so viele tolle Menschen aus.“

Lisa Paus zeigte sich sehr interessiert und hatte sehr viele Fragen an das Team. Antworten bekam sie ebenfalls viele, die sie unbedingt in ihre Arbeit mitnehmen wollte.